Samstag, 3. Oktober 2015

„Wir sind doch alle längst über dem Limit“-Landrat Sailer

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Meldung vom 02.10.2015 08:28:14
„Wir sind doch alle längst über dem Limit“
Massen von Flüchtlingen an den bayerischen Grenzen, ein völlig ungebremster Zustrom - und es ist keinerlei Entspannung in Sicht. Im September erreichten die Zahlen einen neuen Rekord: fast 170.000 Flüchtlinge kamen in Bayern an! Die Unterbringung dieser vielen Menschen und die damit verbundenen Kosten konzentrieren somit nicht nur auf das Land Bayern, sondern werden mit allen damit verbundenen Pflichten auf die Regierungen, Landkreise und deren Gemeinden heruntergebrochen. Die Lage spitzt sich im Landkreis Augsburg dramatisch zu. Die Flüchtlingssituation hat sich zur Völkerwanderung unterschiedlichster Herkunftsländer (auch sicherer Länder) entwickelt, die sich auch bedingt durch Anreize auf finanzielle Leistungen oder Integration in den Arbeitsmarkt zahlenmäßig zur Maßlosigkeit auswächst.

„Wenn es nicht bald gelingt, den Flüchtlingsstrom zu stoppen, Asylmissbrauch abzustellen beziehungsweise die Asylverfahren zu verbessern und zu beschleunigen, können die Aufgaben, die auf den Landkreis zukommen weder einigermaßen kontrolliert ablaufen, noch bewältigt werden. Alle, die an der Basis arbeiten, sind doch schon längst über ihrem Limit“, so Landrat Martin Sailer. „Das fängt bei den Einsatzkräften der Polizei an, die nicht nur an den Grenzen schier Übermenschliches leisten müssen, geht weiter bei den Ärzten, den Hilfsorganisationen, den Behörden, den ehrenamtlichen Helfern...

Im Landratsamt Augsburg sieht es so aus, dass der Personalbedarf in einem bisher nicht vorstellbaren Maße steigt. Bereiche wie das Ausländeramt, das Gebäudemanagement, das Bauamt, der Katastrophenschutz, das Amt für Jugend und Familie, das Gesundheitsamt, die Personalverwaltung, die Pressestelle, ja mittlerweile fast alle Bereiche, stehen unter hohem Druck und sind eigentlich nur noch in der Bewältigung der Flüchtlingskrise involviert. Wir müssen unsere eigentlichen Pflichtaufgaben bereits hinten anstellen und vernachlässigen, um wenigstens das aktuelle Tagesgeschäft einigermaßen zu überstehen. Unsere sonstigen Verwaltungsarbeiten stagnieren, Rückstände bauen sich kontinuierlich auf. Und das trotz der enormer Personalmehrung im Asylbereich, wir werden neben den 30 Kümmerer-Stellen noch zusätzlich weitere 25 Stellen schaffen. Die Kosten nur für diese Aufgaben gehen schon jetzt in schwindelerregende Höhen: So werden allein die Personalkosten für das Jahr 2016 für die Betreuung von Asylbewerbern mit rund 2.900.000 Euro beziffert. Das sind reine Personalkosten, in die noch keine Sachkosten eingerechnet sind. Und zudem sind das Kosten, die uns nicht erstattet werden!

Große Sorgen bereitet uns zudem die Unterbringung und Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Sie fallen unter das Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII) und werden betreut wie deutsche Jugendliche, um die sich niemand kümmert. Jugendhilfeeinrichtungen und die Betreuung durch Fachpersonal kosten pro Jugendlichen monatlich etwa 4000 Euro. Derzeit hat der Landkreis 130 solcher unbegleiteten Minderjährigen zu betreuen. Allein Bayern betreut 50 Prozent aller unbegleiteten Minderjährigen, die nach Deutschland kommen. Auch hier sind wir von einer bundesweiten Gleichverteilung, geschweige denn einer gerechten Verteilung in andere europäische Staaten, meilenweit entfernt.

Fast im gesamten Landkreis herrscht Anspannung und Unwille. Die Bürgermeister unserer Kommunen haben mit Vorbehalten vor Ort zu kämpfen und fühlen sich dabei von der Landes- und Bundespolitik alleingelassen. Die Ergebnisse des Kommunalgipfels bei der Bundeskanzlerin werden auf dieser Ebene nicht als sehr erfolgreich angesehen.

Augsburg ist der drittgrößte Landkreis in Bayern und hat aktuell 1821 Asylbewerber auf seine 46 Gemeinden verteilt. Wöchentlich kommen 50 bis 75 weitere Personen hinzu. Bis Jahresende werden es mindestens 3000 sein, die dann in über 50 dezentralen Unterkünften vom Landratsamt untergebracht und betreut werden. Eine angemessene Unterbringung zu finden, ist fast unmöglich. Turnhallen und Fabrikhallen bleiben als Alternativen. Am vergangenen Samstag hatte der Landkreis Augsburg wieder eine Not-Erstaufnahmeeinrichtung zu stellen: 200 Personen wurden erneut in der Turnhalle der Realschule in Neusäß aufgenommen. Am Abend waren nur noch rund 80 davon übrig, der Rest hatte sich selbständig weiter auf den Weg gemacht, war also „untergetaucht“. Ein deutschlandweit einheitliches und sicheres Registriersystem gibt es nicht. Diese Problematik wird mir auch aus anderen Landkreisen bestätigt.

Die Probleme dabei sind, dass die Flüchtlinge oftmals keine Papiere vorlegen können, die Richtigkeit der Angaben kann also in keiner Weise überprüft werden. Es erfolgt auch keine Erkennung zumindest in Form eines Fingerabdrucks. Dies wäre ohne großen Aufwand zu bewältigen. Zudem ist das System für die Zuordnung der biometrischen Fotos fehlerauffällig, da die Bilder erst nachträglich mit den erfassten Daten in Excel-Tabellen verknüpft werden. Eine Überprüfung der Zuordnung kann dann nicht mehr erfolgen!

Die Berichte, die uns von den Einsatzkräften der Polizei erreichen, die in Passau und Piding bis zu 18 Stunden ununterbrochen Dienst tun, sind nicht mehr akzeptabel. Diese Informationen sind besorgniserregend, eigentlich schockierend: Es ist demnach nicht nur die gesellschaftliche Stabilität infrage gestellt, sondern auch die Innere Sicherheit in unserem Land“, so Martin Sailer weiter. „Natürlich stehen wir zum Asylrecht, doch wir müssen uns schon fragen, wer berechtigt in unser Land kommen darf – und wer nicht. Die Lage verändert sich, die Leute spüren, dass es nicht nur um Menschen geht, die vom Krieg bedroht sind. Die maßlose Überforderung der Verantwortlichen ist an allen Ecken und Enden zu spüren und wird auch von unseren Bürgern wahrgenommen. Beispielsweise müssten Schleuser effektiver bekämpft werden, hier wächst sich ein verhängnisvoller Zweig von organisierter Kriminalität an. Die Strafen dafür müssen verschärft werden, Fahrzeuge beschlagnahmt.

In den Flüchtlingsunterkünften ist die Stimmungslage angesichts der Menschenmengen aus den verschiedensten Herkunftsländern und Religionszugehörigkeiten, zusehends angespannter, um nicht zu sagen, aggressiver. Gewaltausbrüche und Übergriffe bleiben nicht aus. Hier müssen schnell Regelungen geschaffen werden, um die Verursacher sofort verstärkt zurückführen zu können

Bei allem Verständnis und aller Menschlichkeit, an dem es uns gewiss nicht mangelt, aber es müssen endlich Perspektiven her, denn so geht es nicht weiter!“ fordert Sailer erneut. „Wir müssen auch für die Sicherheit und den Schutz der Bürger unseres Landes Sorge tragen und für all diejenigen, die Tag für Tag wahre Mammutaufgaben im Asylbereich stemmen.

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