Freitag, 9. Oktober 2015

Benimmregeln für Flüchtlinge „Liebe fremde Frau, lieber fremder Mann“

http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/benimmregeln-fuer-fluechtlinge-lieber-fremder-mann-13846048.html

Benimmregeln für Flüchtlinge„Liebe fremde Frau, lieber fremder Mann“

Die Gemeinde Hardheim im Odenwald hat Benimmregeln für Flüchtlinge aufgestellt. FAZ.NET dokumentiert das umstrittene Schreiben im Wortlaut.

© CC BY-SA 3.0Idylle bewahren mit Benimmregeln: Blick über Hardheim im Odenwald (mit Modellrakete von der Walter-Hohmann-Anhöhe)
Die Gemeinde Hardheim im Neckar-Odenwald-Kreis hat Benimmregeln für die Flüchtlinge in dem Ort aufgestellt. Für den belehrenden Ton, teilweise auch für die idealisierende Darstellung deutscher Gebräuche war die Gemeinde von mehreren Seiten kritisiert worden. Beispielsweise heißt es in dem Schreiben, in Deutschland werde die Notdurft „ausschließlich auf Toiletten, nicht in Gärten und Parks, auch nicht an Hecken und hinter Büschen“, verrichtet. Das dem – leider – nicht so ist, kann man etwa auf Partymeilen oder nach Fußballspielen nur zu oft beobachten.
Nun hat die Gemeinde das umstrittene Schreiben verteidigt. „Der Leitfaden ist nicht als Schikane gedacht, sondern soll das Zusammenleben zwischen Asylbewerbern und Bevölkerung erleichtern“, sagte der Hardheimer Bürgermeister Volker Rohm (Freie Wähler) am Donnerstag der dpa. „Wir wollen die Asylbewerber damit nicht zu guten Deutschen machen.“ In der kleinen Gemeinde mit 4600 Einwohnern sind nach Angeben der Verwaltung derzeit 1000 Flüchtlinge untergebracht.
Dies ist der Wortlaut des Textes, der den Flüchtlingen „in vereinfachter Form in den verschiedenen Landessprachen durch Bedienstete des Betreibers näher gebracht“ wird:
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„Liebe fremde Frau, lieber fremder Mann!
Willkommen in Deutschland, willkommen in Hardheim. Viele von Ihnen haben Schreckliches durchgemacht. Krieg, Lebensgefahr, eine gefährliche Flucht durch die halbe Welt. Das ist nun vorbei. Sie sind jetzt in Deutschland.
Deutschland ist ein friedliches Land. Nun liegt es an Ihnen, dass sie nicht fremd bleiben in unserem Land, sondern ein Zusammenleben zwischen Flüchtlingen und Einwohnern erleichtert wird. Eine Bitte zu Beginn: Lernen sie so schnell wie möglich die deutsche Sprache, damit wir uns verständigen können und auch sie ihre Bedürfnisse zum Ausdruck bringen können.
In Deutschland leben die Menschen mit vielen Freiheiten nebeneinander und miteinander: Es gilt Religionsfreiheit für alle. Frauen dürfen ein selbstbestimmtes Leben führen und haben dieselben Rechte wie die Männer. Man behandelt Frauen mit Respekt.
In Deutschland respektiert man das Eigentum der anderen. Man betritt kein Privatgrundstück, keine Gärten, Scheunen und andere Gebäude und erntet auch kein Obst und Gemüse, das einem nicht gehört.
Deutschland ist ein sauberes Land und das soll es auch bleiben! Den Müll oder Abfall entsorgt man in dafür vorgesehenen Mülltonnen oder Abfalleimer. Wenn man unterwegs ist, nimmt man seinen Müll mit zum nächsten Mülleimer und wirft ihn nicht einfach weg.
In Deutschland bezahlt man erst die Ware im Supermarkt, bevor man sie öffnet.
In Deutschland wird Wasser zum Kochen, Waschen, Putzen verwendet. Auch wird es hier für die Toilettenspülungen benutzt. Es gibt bei uns öffentliche Toiletten, die für jeden zugänglich sind. Wenn man solche Toiletten benutzt, ist es hier zu Lande üblich, diese sauber zu hinterlassen.
In Deutschland gilt ab 22.00 Uhr die Nachtruhe. Nach 22.00 Uhr verhält man sich dementsprechend ruhig, um seine Mitmenschen nicht zu stören.
Auch für Fahrradfahrer gibt es bei uns Regeln, um selbst sicher zu fahren, aber auch keine anderen zu gefährden. (Nicht auf Gehwegen fahren, nicht zu dritt ein Rad benutzen, kaputte Bremsen reparieren und nicht mit den Füßen bremsen). Fußgänger benutzen bei uns die Fußwege oder gehen, wenn keiner vorhanden, hintereinander am Straßenrand, nicht auf der Straße und schon gar nicht nebeneinander.
Unsere Notdurft verrichten wir ausschließlich auf Toiletten, nicht in Gärten und Parks, auch nicht an Hecken und hinter Büschen.
Mädchen und junge Frauen fühlen sich durch Ansprache und Erbitte von Handy-Nr. und facebook-Kontakt belästigt. Bitte dieses deshalb nicht tun!
Auch wenn die Situation für sie und auch für uns sehr beengt und nicht einfach ist, möchten wir sie daran erinnern, dass wir sie hier bedingungslos aufgenommen haben. Wir bitten sie deshalb, diese Aufnahme wert zu schätzen und diese Regeln zu beachten, dann wird ein gemeinsames Miteinander für alle möglich sein.“
Quelle: dpa/sku.

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