Ein junger Mann aus Syrien schaut aus dem Fenster einer Flüchtlingsunterkunft in Hofheim im Main-Taunus-Kreis.
Ein junger Mann aus Syrien schaut aus dem Fenster einer Flüchtlingsunterkunft in Hofheim im Main-Taunus-Kreis. © Arne Dedert/dpa
Der Landkreis Main-Taunus muss kurzfristig 1.000 Flüchtlinge aufnehmen und hat deshalb den Katastrophenfall ausgerufen. "Das hat vor allem rechtliche und organisatorische Vorteile", sagte der Sprecher des Landkreises, Johannes Latsch, ZEIT ONLINE. Am Freitagmorgen sei Landrat Michael Cyriax (CDU) vom Land informiert worden, dass bis Montag, 14 Uhr 1.000 Migranten ankommen sollen. Anschließend habe man den Notstand erklärt. Nun sei der Kreis weisungsberechtigt und könne beispielsweise Kommunen anweisen, Unterkünfte für die Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.  
"Die Menschen, die kommen, sind für uns nicht die Katastrophe", betonte Latsch. Es sei allerdings auch ein politisches Signal, das der Landrat senden wolle. "Wir stemmen das, aber man muss sich zunehmend fragen, ob sich die Herausforderung ohne die Mittel des Katastrophenschutzes bewältigen lässt." So mangele es vielen Landkreisen an eigenen großen Hallen. Zudem ließen sich nur so hohe baurechtliche Standards umgehen. Wie lange der Katastrophenfall gelten werde, könne man derzeit noch nicht sagen. "Wir werden das von der Lage abhängig machen." Nach Angaben des Landrates ist es das erste Mal seit 1945, dass im Kreis der Katastrophenfall festgestellt wurde.   
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Das hessische Landesinnenministerium kritisierte die Entscheidung. "Eine vorherige Abstimmung mit dem Innenministerium hat dazu nicht stattgefunden", sagte ein Sprecher dem Hessischen Rundfunk. Der Kreis hätte auch ohne den Ausruf des Katastrophenfalls Anspruch auf nötige Mittel wie Feldbetten oder Fahrzeuge sowie auf Unterstützung durch die Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk gehabt. "Wir können von hier nicht nachvollziehen, welche Gründe den Kreis dazu bewogen haben."  

Landkreis in Thüringen verweigert Aufnahme

Geregelt ist der Katastrophenfall im Hessischen Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz sowie in weiteren Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien. Als oberster Leiter des Katastrophenschutzes übernimmt demnach der Landrat die Gesamtverantwortung für den Einsatz. Er kann dabei unter anderem den Kommunen Anweisungen geben. Zudem sind bestimmte baurechtliche Genehmigungen in den Unterkünften außer Kraft gesetzt.
Der Wartburgkreis in Thüringen will derweil vorerst gar keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, berichtet der Tagesspiegel. Demnach habe sich der Landrat Reinhard Krebs (CDU) in einem Brief an den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) gewandt und erklärt, die Möglichkeiten zur Unterbringung von Asylbewerbern seien erschöpft. Erst ab Dezember stünden wieder neue Plätze für Asylbewerber zur Verfügung.
Nach den aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sind zwischen Januar und September 577.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, 198.000 aus Syrien. Laut Bamf ist im September mit 164.000 Menschen ein besonders starker Anstieg registriert worden. Angesichts der steigenden Zahlen stehen die Länder und Kommunen zunehmend vor logistischen Problemen, die Menschen unterzubringen und angemessen zu versorgen. Bereits Ende Juli hatte etwa München kurzzeitig den Notstand ausgerufen, um so schneller handeln zu können.