Montag, 26. Oktober 2015

Balkan-Plan zur Flüchtlingskrise 17 Punkte gegen die "Politik des Durchwinkens"

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Balkan-Plan zur Flüchtlingskrise
17 Punkte gegen die "Politik des Durchwinkens"

26.10.2015, 09:38 Uhr | rtr, dpa
EU-Gipfel: Neuer Balkan-Plan gegen die Flüchtlingskrise. Jeden Tag strömen Flüchtlinge entlang der Balkanroute über die Grenzen - wie hier zwischen Griechenland und Mazedonien. (Quelle: AP/dpa)
Jeden Tag strömen Flüchtlinge entlang der Balkanroute über die Grenzen - wie hier zwischen Griechenland und Mazedonien. (Quelle: AP/dpa)
Vertreter der Europäischen Union und mehrerer Balkanländer wollen mit Sofortmaßnahmen die Flüchtlingskrise entschärfen: Entlang der Balkanroute sollen 100.000 Plätze zur Unterbringung für Flüchtlingen entstehen. Dort ist auch die Registrierung der Schutzsuchenden vorgesehen.
50.000 Plätze sollen allein in Griechenland entstehen, erklärte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach dem Ende des Sondergipfels in Brüssel.
Die griechische Regierung beabsichtigt davon 30.000 Plätze bis Jahresende zur Verfügung zu stellen und mit Hilfe des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR weitere 20.000. "Die Menschen auf der Balkanroute müssen menschlich behandelt werden", sagte Juncker. "Es kann nicht sein, dass Menschen im Jahr 2015 auf Feldern schlafen müssen, und das bei sehr kalten Temperaturen."
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Neben den Unterkünften sollen verstärkte Grenzkontrollen von EU-Staaten und Westbalkanländer die Flüchtlingsströme verlangsamen.

Kein Durchwinken mehr

"Wir werden Flüchtlinge oder Migranten entmutigen, zur Grenze eines anderes Landes der Region zu ziehen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Spitzenpolitikern aus betroffenen EU-Ländern und den drei Nicht-EU-Ländern Mazedonien, Serbien und Albanien. "Eine Politik des Durchwinkens von Flüchtlingen ohne die Nachbarstaaten zu informieren, ist nicht akzeptabel."
Nach siebenstündigen Beratungen einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen 17-Punkte-Plan. Doch die Stimmung war angespannt. Seit Wochen weisen sich die Länder der Region gegenseitig die Schuld zu - so auch in Brüssel. "Jeder ist versucht zu sagen, jemand anders ist schuld", sagte ein Diplomat am Rande der Gespräche. "Das müssen wir stoppen."
Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic kritisierte Griechenland als Tor für Flüchtlinge in die Europäische Union: "Warum kontrolliert Griechenland nicht sein Seegebiet zur Türkei? Ich weiß es nicht."

Mehr Grenzschützer für Slowenien

Der Plan sieht unter anderem vor, dass andere EU-Staaten innerhalb einer Woche mehr als 400 zusätzliche Grenzschützer in das vom Flüchtlingsandrang überforderte Slowenien schicken. Außerdem soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex die Grenzen besser absichern, etwa zwischen Griechenland, Mazedonien und Albanien sowie an der kroatisch-serbischen Grenze.
Täglich strömen Tausende über die Westbalkanroute in Richtung Österreich und Deutschland. Die meist aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammenden Menschen kommen über die Türkei in die EU.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "wichtigen Treffen dahingehend, dass humanitäre Fragen einer Erklärung zugeführt werden konnten". Es gebe ein "koordinierteres Management", sagte die Kanzlerin: "Dazu haben sich jedenfalls alle verpflichtet." Merkel warnte allerdings, das Treffen sei nur "ein Baustein" für eine Lösung: "Nicht lösen können wir das Flüchtlingsproblem insgesamt. Da bedarf es unter anderem natürlich weiterer Gespräche mit der Türkei."

Wenig Optimismus

Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic äußerte am Abend wenig Hoffnung auf rasche Fortschritte. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban sieht sein Land, das sich mit Grenzzäunen zu Serbien und Kroatien abgeriegelt hat, nur noch als "Beobachter" der Flüchtlingskrise. "Ungarn liegt nicht mehr auf der Route", sagte er. Transitstaaten wie Bulgarien, Rumänien und Serbien drohen ebenfalls mit der Schließung der Grenzen.
Sloweniens Regierungschef Miro Cerar warnte vor dem Ende der EU, wenn Europa die Krise nicht in den Griff bekomme: "Europa steht auf dem Spiel, wenn wir nicht alles tun, was in unserer Macht steht, um gemeinsam eine Lösung zu finden." In den vergangenen zehn Tagen seien in seinem Land mehr als 60.000 Flüchtlinge angekommen. Umgerechnet auf ein großes Land wie Deutschland entspräche dies einer halben Million Ankömmlinge in Deutschland pro Tag.


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