Donnerstag, 14. Januar 2016

Und wenn Mutti viele Gäste einlädt, dann mögen sie bitte alle nach Berlin gehen


Landrat karrt Flüchtlinge zu Merkel nach Berlin - dann wusste keiner mehr weiter

Der Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler) polarisiert mit seiner Flüchtlings-Fahrt zum Berliner Kanzleramt. Neben Zuspruch - vor allem aus sozialen Netzwerken und seiner Partei - erntete der Niederbayer scharfe Kritik aus dem gegnerischen Lager.
Dreier hatte einen Bus mit 31 Syrern nach Berlin geschickt und damit eine im Herbst gegenüber Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geäußerte Drohung wahr gemacht. Der Landrat fühlt sich von der Regierung im Stich gelassen. Er bemängelt, dass selbst für anerkannte Asylbewerber wie die Passagiere im Bus Lösungen fehlten. Da keine Wohnungen zur Verfügung stünden, würden diese "Fehlbeleger", so Dreier, Plätze in ohnehin überfüllten Unterkünften wegnehmen.
Nach einem zweistündigen Medienrummel vor dem Bundeskanzleramt zogen die Flüchtlinge weiter in ein Hotel, wie der „Bayerische Rundfunk“ (BR) am späten Donnerstagabend berichtete. Morgen werde es für die meisten Passagiere wieder zurück nach Landshut gehen. Mehrere Flüchtlinge hatten nach Angaben des BR ihre Pässe nicht dabei.
Vor dem Kanzleramt war die Situation zwischenzeitlich verwirrend gewesen. Die Flüchtlinge saßen im Bus, umringt von zahlreichen Kamerateams und Presseleuten. Landrat Dreier ließ vernehmen, dass er eine Unterbringung in einer Notunterkunft ablehne. Deshalb habe man den Männern kurzfristig ein Hotel im Norden von Berlin besorgt, wo der Landrat die Übernachtungen zahle. Schon auf der Fahrt war es zu Zwischenfällen gekommen. Ein Mitfahrender war nach einem Stopp verloren gegangen, der Bus musste umkehren und ihn wieder aufgabeln.

Flüchtling: Wir sind nur Teil eines Spiels

Im Lauf des Tages wurde Kritik an Dreier laut. Ahmad Wahbe, ein Flüchtling aus Damaskus, sagte zu Zeit Online: “Gestern kam eine Frau vom Landratsamt in unsere Unterkunft und hat gefragt, ob wir nach Berlin wollen.“ Sie habe gesagt, dort sei die Lage besser. "Nach zwei Stunden im Bus haben wir verstanden: Wir sind nur Teil eines Spiels", sagte der 29-Jährige. "Wir hatten keine Ahnung.“
Anders stellen der Landrat und sein Sprecher die Sache dar: „Die Flüchtlinge sind über alles vorab informiert worden.“
Florian Pronold, Chef der Bayern-SPD, beklagte im BR, dass der Landrat die Flüchtlinge für eine PR-Aktion “missbraucht“. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Müller (SPD) kritisierte die Fahrt scharf als "Form der Entsolidarisierung". "Ich erwarte, dass die Bundesregierung da noch klare Worte findet an die bayerische Landesregierung."
Unterstützung bekam Landrat Dreier vom Bundesvorsitzenden seiner Wählergruppierung, Hubert Aiwanger. Er bezeichnete die Fahrt als "dringend nötiges Signal an die Bundesregierung“. Der „Berliner Morgenpost“ sagte Aiwanger vor dem Kanzleramt an die Adresse von Angela Merkel: "Mach jetzt Schluss, sonst machen wir Schluss mit Dir." Er ergänzte: "Berlin ist schön, da lohnt es sich zu wohnen. Und wenn Mutti viele Gäste einlädt, dann mögen die bitte alle nach Berlin gehen.“
www.seniorbook.de/themen/kategorie/politik-und-gesellschaft/artikel/42571/landrat-karrt-fluechtlinge-zu-merkel-nach-berlin---dann-wusste-keiner-mehr-weiter



www.spiegel.de/politik/deutschland/landrat-peter-dreier-schickt-fluechtlinge-per-bus-zu-angela-merkel-a-1072011.html
l

Umstrittene Aktion mit Flüchtlingen: Eine Busfahrt, die ist peinlich

Von , München
Mehr ArtikelBus mit Flüchtlingen aus Landshut: "Ein Zeichen setzen"Zur Großansicht
DPA
Bus mit Flüchtlingen aus Landshut: "Ein Zeichen setzen"
Provokation aus der Provinz: Ein bayerischer Landrat schickt einen Bus mit 31 Flüchtlingen zum Kanzleramt nach Berlin. Ministerpräsident Seehofer findet die Aktion gar nicht so schlecht.

"Wohlfühlen mitten in Bayern", so wirbt der Landkreis Landshut eigentlich für sich. Doch in der niederbayerischen Region ist die Situation offenbar sehr angespannt - zumindest aus Sicht von Peter Dreier. Der Landshuter Landrat hat an diesem Donnerstag eine Drohung wahr gemacht, die er im vergangenen Oktober in einem Telefonat mit Angela Merkel ausgesprochen hatte: Er werde ihr Flüchtlingsbusse vor das Kanzleramt schicken.
An diesem Donnerstagmorgen hat Dreier schließlich den Startschuss gegeben für die Politposse: Ein Bus mit 31 syrischen Flüchtlingen ist auf dem Weg nach Berlin. Gegen 17 Uhr soll er direkt vorm Kanzleramt vorfahren. Die Männer, so hat Dreier im Vorfeld versichert, seien freiwillig auf dem Weg in die Hauptstadt und wollten dort leben. Das Kanzleramt sei informiert worden.
"Ein Zeichen setzen"
Der Landrat will damit "ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf". Er könne nicht erkennen, dass bislang wirksame Maßnahmen ergriffen worden seien, um die hohe Zahl von Flüchtlingen, die täglich nach Deutschland kommen, zu begrenzen. "Wenn wir nicht endlich die Sorgen und Nöte unserer Bürger ernst nehmen, gerät der soziale und der innere Frieden in unserem Land in Gefahr", warnte Dreier in einer Mitteilung seines Landkreises.
Den Segen von Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) scheint Dreier zu haben: Der Ministerpräsident habe Verständnis dafür, wenn Kommunen durch Aktionen im Rahmen des Rechts zum Ausdruck brächten, dass die Bundespolitik in der Flüchtlingskrise so nicht weitergehen könne, heißt es in der Staatskanzlei.
Sozialministerin Emilia Müller (CSU) erklärte auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE, dass Dreier als Privatperson handele, nicht als Landrat. Die Fahrt nach Berlin belege die Anziehungskraft der Großstädte für Zuwanderer. "Ich halte daher eine Wohnsitzauflage auch für anerkannte Flüchtlinge für dringend notwendig", so Müller.
Seehofer hatte einst sogar selbst in einer vertraulichen Kabinettsrunde gesagt, dass man notfalls in Bayern angekommene Flüchtlinge vor den Reichstag in Berlin fahren müsse. Das war aber ein zynischer Scherz und drückte Seehofers Verärgerung über Merkels Kurs in der Flüchtlingspolitik aus.
Der CSU-Chef und seine Parteifreunde fordern seit Wochen eine Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland. Zwar unterstützen die Christsozialen Merkels Bemühungen, die Flüchtlingskrise auf internationaler Ebene zu lösen - sie halten aber zusätzliche nationale Maßnahmen für unabdingbar. Bayern wirft der Bundesregierung unter anderem vor, die deutschen Grenzen nicht ausreichend zu sichern. Ein Gutachten des früheren Verfassungsrichters Udo Di Fabio räumte dem Freistaat zuletzt gute Chancen für eine mögliche Verfassungsklage gegen die Bundesregierung ein.
"Die Kapazitäten gehen rapide zur Neige"
Dem Landkreis Landshut zufolge handelt es sich bei den 31 Flüchtlingen um anerkannte Asylbewerber aus Syrien. Ursprünglich wollte Dreier offenbar auch Flüchtlinge nach Berlin fahren, deren Asylverfahren noch läuft. Bayerns Sozialministerium aber wies ihn darauf hin, dass dies rechtlich unzulässig wäre.
Die 31 Personen seien sogenannte Fehlbeleger: Sie würden zwar in Flüchtlingsunterkünften leben, müssten sich aber eigentlich eine eigene Wohnung suchen. Das sei schwierig. Unklar ist, ob sie tatsächlich in Berlin bleiben wollen - als anerkannte Asylbewerber dürfen sie sich frei in Deutschland bewegen und sich auch im gesamten Bundesgebiet eine Wohnung suchen.
Einige aus der Gruppe hätten Freunde in der Hauptstadt, sagte ein Sprecher des Landrats SPIEGEL ONLINE. Wer mit zurück nach Landshut wolle, könne dies selbstverständlich tun, so: "Wir lassen niemanden auf der Straße stehen."
Der Landkreis Landshut unterhält derzeit nach eigenen Angaben 66 dezentrale Unterkünfte, eine Notfallhalle sowie mehrere Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. "Die Kapazitäten an menschenwürdigen Unterbringungsmöglichkeiten in unserem Land gehen rapide zur Neige", erklärte Landrat Dreier.
Nach Auskunft des Landkreises wurde die Busfahrt nicht aus öffentlichen Mitteln, sondern durch Privatleute aus dem Raum Landshut finanziert. Dreier selbst ist auch auf dem Weg nach Berlin.
Allerdings im Auto.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen