Seehofer kontra Merkel: Das Zerwürfnis
von
Mathis Feldhoff, ZDF-Hauptstadtstudio
Für manchen scheint das harte Auftreten der CSU in
den letzten Tagen ein egoistischer Alleingang der Bayern. Doch dahinter steht
ein tiefes Zerwürfnis zwischen dem CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten
Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
"Die
Kanzlerin will eine andere Republik" - ein hammerharter Satz in der
politischen Klasse Berlins. Nicht ungewöhnlich, wenn er von der Opposition käme
- aber gesagt hat ihn CSU-Chef Horst Seehofer, ausgesprochen im kleinen Kreis
seiner Partei. So spricht man bei den Christsozialen sonst nur über Sozis oder
Linke. Nun hat sich Seehofer die Kanzlerin vorgenommen.
Seehofer
unverhohlen verärgert
Schon vor ein paar Tagen hatte er Merkels Öffnung der Grenzen als Fehler
"der uns noch lange beschäftigen wird" beschimpft. Und selbst nach
der plötzlichen Einführung von Grenzkontrollen konnte und wollte Seehofer seine
Ärger über die Politik in Berlin kaum verhehlen. "Es einfach treiben zu
lassen, ohne jeden Plan, ohne jedes System, ohne jede Regel, das ging auch
nicht mehr", sagte er in die Kameras. Und für jeden ersichtlich schwang
mit, für wie dilettantisch er die Entscheidung Merkels, die Grenzen zu öffnen,
immer noch hält. Dass die Bundesregierung sich nach dem Ansturm von Tausenden
von syrischen Flüchtlingen jetzt mit der Einführung von Grenzkontrollen zu
einer Kehrtwende von 180 Grad entschlossen hat, befriedigt den CSU-Chef
zutiefst.
Aber
es ist weit mehr als nur das Gefühl "Ich habe es ja gewusst", welches
den CSU-Chef erfüllt. Schon länger verdächtigt Seehofer Merkel, dass sie einer
"Multikulti-Gesellschaft" das Wort redet. Einer der Indizien dafür
ist für den Bayern die CDU-Debatte über ein Einwanderungsgesetz. Schon die
Tatsache, dass die CDU-Vorsitzende das Projekt, das ihr Generalsekretär Peter
Tauber im Frühjahr losgetreten hatte, nicht gestoppt hat, war Seehofer und der
CSU suspekt.
Dass
das Ganze nun tatsächlich in einem Einwanderungsgesetz münden soll, wie der
CDU-Vorstand gestern beschloss, ist für Seehofer nur der letzte Beweis. Dass
dieses neue Gesetz nur die bereits vorhandene Rechtslage bündeln will und
mögliche Widersprüche bei der Migration und Integration beseitigen soll, wird
dabei ausgeblendet.
Des
rechts Rands bewusst
Seehofer
geht es weniger um konkrete Gesetzesvorhaben, sondern vielmehr um die
politischen Botschaften, die damit verbunden sind. Offene Grenzen und ein
Einwanderungsgesetz: Wie soll das von den Flüchtlingen aus Syrien oder
Westbalkan anderes verstanden werden, als als Einladung nach Deutschland, in ein
Land, in dem angeblich Milch und Honig fließen? - so seine Argumentation. Auch
der bayerische Ministerpräsident weiß natürlich, dass auch die Wirtschaftskraft
seines Bundeslandes nicht zuletzt nur durch zusätzliche Migration
aufrechtzuerhalten sein wird - aber bitteschön nach seinen Regeln.
Seehofer folgt damit auch den Stimmungen, die seine CSU derzeit im Lande zu
spüren glaubt. Wenn alle die neu entdeckte Willkommenskultur preisen, spielt
man in Bayern gerne den Spielverderber. Es werde der Tag kommen, wo die
Menschen die Überforderung spüren und artikulieren werden, glaubt man in
München. Und dann hat man sich als CSU schon positioniert. "Wir brauchen
uns als CSU keinen Vorwurf in Sachen Willkommenskultur machen lassen",
sagt ein führender CSU‘ler und verweist, darauf, dass es schon immer die Rolle
der CSU war, auch den rechten Rand abzudecken. Es ist Zeit das wieder zu
betonen, so die Argumentation.
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