Flüchtlingskrise in Europa
Österreichische Ministerin gibt Deutschland Mitschuld
14.09.2015, 19:16 Uhr | dpa, AFP
Der Vorwurf ist nicht ganz neu, doch kommt er dieses Mal aus dem Kabinett eines Nachbarstaates: Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat Deutschland für das Ausmaß der Flüchtlingskrise mitverantwortlich gemacht.
Nachdem in internationalen Medien zu lesen gewesen sei, dass die Bundesregierung das sogenannte Dublin-Verfahren für Syrer ausgesetzt habe, hätten sich "Tausende von Menschen verstärkt auf den Weg gemacht", sagte die konservative Politikerin. Es habe "sehr viele Hoffnungen" gegeben.
Zu den von Deutschland wiedereingeführten Grenzkontrollen sagte Mikl-Leitner: "Wir haben damit gerechnet, dass Deutschland irgendwann einmal reagieren musste. Es war allen klar, dass das so nicht weitergehen kann."
Ausnahme für Syrer
Das sogenannte Dublin-Verfahren sieht vor, bei jedem Asylbewerber zu prüfen, ob dieser zuerst in einem anderen Land europäischen Boden betreten hat. Ist dem so, muss der Betroffene eigentlich dorthin zurück.
Die Bundesregierung hatte Ende August öffentlich gemacht, syrische Asylbewerber nicht mehr in andere EU-Länder zurückschicken, über die sie in die Europäische Union eingereist sind.
Grenzkontrollen in mehreren Staaten
Wie Deutschland kontrollieren mittlerweile auch Österreich, die Slowakei und die Niederlande wieder ihre Grenzen. Ungarn will ab Dienstag hart gegen Flüchtlinge an der Grenze zu Serbien vorgehen. Obwohl die Flucht durch Europa damit schwieriger wird, stellt sich Deutschland dieses Jahr auf bis zu eine Million Ankömmlinge ein, wie Vizekanzler Sigmar Gabriel erklärte.
In den vergangenen beiden Wochen waren Zehntausende über Ungarn und Österreich mehr oder weniger unkontrolliert nach Süddeutschland gekommen. Am Sonntag zog die Bundesregierung die Notbremse und führte wieder Kontrollen an der Grenze zu Österreich ein. An den Autobahnen A8 und A10 bildeten sich bis zu 20 Kilometer lange Staus.
Asylanträge werden nicht mehr bearbeitetSo rechtfertigt Österreich, dass es keine Flüchtlinge mehr aufnehmen will
Die EU-Innenminister wollen unbedingt eine Verteilungsquote für die vielen Flüchtlinge festlegen. Doch zwei Länder stellen sich quer: Ungarn und Österreich. Luxemburgs Ressortchef Asselborn nennt dieses Verhalten „peinlich“. Österreich hat eine andere Ansicht.
Die EU-Innenminister wollen unbedingt eine Verteilungsquote für die vielen Flüchtlinge festlegen. Doch zwei Länder stellen sich quer: Ungarn und Österreich. Luxemburgs Ressortchef Asselborn nennt dieses Verhalten „peinlich“.
Nun äußert sich Österreichs Innenministerin Mikl-Leitner und sagt: „Das Boot ist voll. Wir sind fast an der Grenze unserer Kapazitäten.“ Darum will Österreich nun überhaupt keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Seit Anfang Juni werden keine Asylanträge mehr bearbeitet.
"Das kann wohl nicht gerecht sein"
Mikl-Leitners Begründung: „Derzeit bewerkstelligt Österreich genauso viele Asylanträge wie Griechenland und Italien zusammen.“ Auf die Einwohnerzahl gerechnet, würde Österreich somit zehn Mal mehr Aslyanträge bearbeiten als Griechenland und Italien zusammen.
Mikl-Leitners Fazit: „Das kann wohl nicht gerecht sein.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen