Donnerstag, 17. September 2015

Flüchtlingskrise Kroatien schlägt Alarm

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FlüchtlingskriseKroatien schlägt Alarm

Nachdem den Flüchtlingen der Weg über Ungarn versperrt ist, nimmt die Balkanroute einen anderen Verlauf: Über Kroatien, Serbien oder Slowenien ziehen die sie weiter Richtung Deutschland und Schweden.
(17.09.2015)
Rund 7.300 Flüchtlinge sind bis Donnerstagmittag nach Kroatien gekommen - und haben das jüngste EU-Mitglied bereits an seine Grenzen gebracht. Die Regierung in Zagreb hatte noch am Vortag versichert, alles sei unter Kontrolle. Doch jetzt schlägt Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic Alarm. 
"Bis zu einem gewissen Grad geraten die Dinge außer Kontrolle, weil die Menschen illegal unsere Grenze überqueren", warnt Kolinda Grabar-Kitarovic und beruft den Nationalen Sicherheitsrat ein. Die Armee solle sich für einen eventuellen Grenzschutz bereithalten, habe die Oberbefehlshaberin verlangt, berichtet die Zeitung "Jutarnji list".
Tovarnik neuer Brennpunkt
Neuer Brennpunkt der Flüchtlingskrise ist die kroatische Grenzstadt Tovarnik. "Die Lage ist grauenvoll", klagt Gemeindevorsteherin Ruza Sijakovic. Es seien viermal mehr Flüchtlinge in der kleinen Gemeinde als Einwohner. Auch Landrat Bozo Galic sieht eine "echte humanitäre Katastrophe". Die Menschen liefen einfach quer durch die Maisfelder über die grüne Grenze. 
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Mütter mit Kindern und Invaliden. "Alle Pläne der Regierung sind hier heute Morgen als nicht existent ins Wasser gefallen", schimpft der Mann.
Polizisten setzen eine größere Flüchtlingsgruppe auf dem Bahnhof fest, weil sie zu Fuß nach Zagreb aufbrechen will. Die aufgebrachten Menschen schaffen den Durchbruch. Die Polizei ist machtlos, muss sie ziehen lassen. Die Menschen erkundigen sich überall nach Transportmöglichkeiten in die kroatische Hauptstadt: mit dem Zug, Bus oder Taxi? In den frühen Morgenstunden hatte die Regierung einen Zug geschickt, um die Menschen von Tovarnik in die Nähe von Zagreb zu bringen. Allerdings bot der nur Platz für 1.000 der 5.000 Flüchtlinge. "Das kann doch nicht als Plan bezeichnet werden", sagt der Landrat wütend.
Migranten werfen Einrichtung aus Hotel
Im Zagreber Hotel Porin, wo einige hundert Flüchtlinge untergebracht sind, droht die Lage zu eskalieren. Sie wollen raus, weg, weiter. Doch eine Einheit der Spezialpolizei will das verhindern. Klopapier und Einrichtungsgegenstände werden aus den Hotelfenstern geworfen. In der Stadt Sisak 50 Kilometer südöstlich von Zagreb sind 50 Flüchtlinge in der alten Kaserne untergebracht. Sie wollen sich nicht registrieren lassen. "Wir fordern kein Asyl in Kroatien. Lasst uns einfach weiterreisen", begründen sie ihre Weigerung.

Karte: Die Route über Kroatien

Ungarn hat dichtgemacht - nun strömen die Flüchtlinge weiter nach Kroatien, um über Slowenien die Grenze zu überqueren.
Auch Regierungschef Zoran Milanovic, der in den vergangenen Tagen so selbstsicher aufgetreten war, muss einen Rückzieher machen. "Ich weiß nicht, ob wir alle registrieren können. Das kann ich nicht garantieren", sagt er jetzt. Und warnt schon am zweiten Tag des Flüchtlingsandrangs: "Es gibt Grenzen unserer Kapazität." Dabei geht es jetzt erst richtig los. Gesundheitsminister Sinisa Varga rechnet mit 20.000 Flüchtlingen in den nächsten Tagen. Allein 5.000 seien aus Griechenland nach Mazedonien gekommen und damit in wenigen Tagen hier, sagt ein Ministerkollege.
Milanovic: "Kroatien kein "Zielland"
Die Regierung hatte noch in dieser Woche deutlich geringere Flüchtlingszahlen erwartet. Dass die Zahlen nach der Abriegelung der ungarischen Grenze steigen würden, war klar. Doch möglicherweise hatte sie gedacht, mit der unproblematischen Durchschleusung der Migranten vor den anstehenden Parlamentswahlen auch international punkten zu können. Und daher sagt der Regierungschef am Donnerstag trotz des Chaos: "Wir haben schon am Anfang gezeigt, dass wir uns als Menschen zu verhalten wissen." Und betont mit Blick auf den Nachbarn Ungarn: "Wir werden uns ihnen gegenüber sicher besser verhalten als einige anderen Staaten."
Am Donnerstag trifft Milanovic seinen österreichischen Amtskollegen Werner Faymann. Von dem Gespräch dringt nichts Konkretes nach außen. Man müsse zusammenarbeiten, einen EU-Gipfel anstreben und die Probleme an ihrer Quelle, also in den Kriegsländern und den Flüchtlingslagern in deren Nachbarstaaten bekämpfen. Wohin die neuen Flüchtlinge in Kroatien gehen könnten, ist für Milanovic indes klar: "Österreich ist jedenfalls viel mehr ein Zielland, Kroatien ist das nicht", sagt er nach dem Gespräch mit Faymann.

Das Schengen-Abkommen

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