Hermsdorf. „Das hier ist keine Flüchtlingsunterkunft. Es ist eine Notaufnahme“, stellt Frank Roßner klar. Der Präsident des Landesverwaltungsamts ist Sonntag Mittag nachHermsdorf (Saale-Holzland-Kreis) gekommen und blickt auf viele noch schlafende Menschen, die auf Feldpritschen in einer spärlich beleuchteten Logistikhalle liegen. Noch am Freitagabend hieß es, die Halle werde am Wochenende nicht bezogen. Jetzt halten sich hier 236 Flüchtlinge auf. Hauptsächlich junge Männer, die meisten aus Syrien.
Bürgermeister aus Hermsdorf immer
noch verärgert
Gerd Pillau ist immer noch verärgert. „Ich bin
der 1. Mann am Ort und werde nicht rechtzeitig informiert. So geht das nicht“,
beschwert sich Hermsdorfs parteiloser Bürgermeister ohne Vorrede beim
eintreffenden Migrationsminister Dieter Lauinger(Grüne). Der entschuldigt
sich nicht, sondern erklärt, selbst erst am Sonnabend um 9.30 Uhr vom
Bundesinnenministerium angewiesen worden zu sein, einen Teil der aus Ungarnnach München einreisenden
Flüchtlinge aufzunehmen. Lauinger: „Momentan fallen die Entscheidungen im
Stundentakt.“
Entschieden wurde, einen Sonderzug mit rund 600
Flüchtlingen (keiner wusste, wie viele es genau sind) nach Saalfeld fahren
zu lassen. Der Zielort Gera wurde nur deshalb verworfen, weil die
Strecke dorthin nicht elektrifiziert ist. In Saalfeld wurden in der
Nacht zunächst die Familien mit Kindern registriert und als erste mit Bussen
nach Halberstadt inSachsen-Anhalt gebracht.
Zu dem Zeitpunkt hieß es, 280 Menschen nimmt Sachsen und
etwa 150 bleiben für die Notaufnahme in Hermsdorf, wo schon am Freitag
Liegen und Toiletten aufgestellt wurden. „Die Halle ist ein Provisorium, aber
immer noch besser als Zelte, sagte Minister Lauingergestern.
Minister: Jede größere Immobilie
wird jetzt benötigt
Das Land werde von nun an jede größere Immobilie ins
Auge fassen, die irgendwie geeignet erscheint, mehr als 100 Flüchtlinge
unterzubringen. Auf der Fahrt nachHermsdorf erreichte Lauinger die
Nachricht, die Bundeswehr räume weitere Gebäude am Truppenübungsplatz Ohrdruf.
Der Minister hofft auf etwa 400 neue Plätze dort, was eine Verdopplung der
bisherigen Kapazität bedeuten würde.
Die Flüchtlinge in Hermsdorf sollen so
schnell es geht in die Thüringer Erstaufnahmestellen gebracht werden. Doch Eisenberg ist
mit rund 700 Menschen nach wie vor überbelegt, Suhl mit gegenwärtig
etwa 1700 ebenso. In der früheren Kaserne inMühlhausen leben erst etwa
300. Zurzeit treffen täglich im Schnitt 150 weitere Asylbewerber in Thüringen ein.
Deswegen werde die Halle im Hermsdorfer Gewerbegebiet als eine Art
Pufferstation weiter gebraucht. Wie lange, erfuhr Bürgermeister Pillau auch am
Sonntag nicht. Vermutlich wochenlang. Klar wurde nur, warum weniger Flüchtlinge
nach Sachsen gebracht worden sind, als ursprünglich vorgesehen: Die
Busfahrer aus Dresden hatten ihre vorgeschriebenen Lenkzeiten
überschritten.
Babynahrung
wird nicht gebraucht. Es kommen keine Kinder nach Hermsdorf.
In
einer Logistikhalle in Hermsdorf kamen am Sonntagfrüh mehr als 150 Flüchtlinge
an. Das DRK Jena Eisenberg Stadtroda hatte am Sonnabendnachmittag die
Notunterkunft vorbereitet.
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Bildrechte:OTZ
/ Lutz Prager
Flüchtlinge von Ungarn nach Thüringen:
Vorgeschichte und Ankunft in Saalfeld bis nach Hermsdorf
Mehr als 500 Asylsuchende erreichen am Samstag mit einem
Sonderzug aus Österreich den Bahnhof in Saalfeld. Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Gera/Saalfeld/Hermsdorf.
Am Samstagabend gegen 20.50 Uhr ist ein Sonderzug mit 569 Flüchtlingen an Bord,
darunter 21 Kinder unter zwei Jahren, in Saalfeld angekommen. Viele
der Kinder, Frauen und Männer waren am Freitag in der ungarischen
HauptstadtBudapest losgefahren. Die Menschen wirkten bei ihrer Ankunft
erschöpft aber glücklich. Mit Beifall dankten sie den Helfern auf dem
Bahnsteig, die sie in Empfang genommen haben. Vor dem Bahnhof wurden die
Flüchtlinge von mehreren Hundert Menschen begrüßt.
Die Vorgeschichte in Ungarn:
Tausende harren in Budapest aus
Samstag, 5. September 2015: Was in
Saalfeld passierte
Sonntag, 6. September 2015: Die
Ereignisse in Hermsdorf
Redaktion
OTZ / 07.09.15 / OTZ
Z0R0010808766
3000 Feldbetten in der Messehalle: Flüchtlinge
kommen heute in Erfurt an
0Flüchtlinge werden heute Abend in der Erfurter
Messehalle ankommen. Foto: Marco Kneise
Erfurt. Thüringen stellt
sich auf weitere hunderte Flüchtlinge ein. In der Messehalle inErfurt ist
nach TLZ-Informationen am Nachmittag mit dem Aufbau von 3000 F eldbetten
begonnen worden. Im Vorfeld hatte es zwischen dem Erfurter
OberbürgermeisterAndreas Bausewein und Ministerpräsident Bodo Ramelow Gespräche
zur Aufnahme der Flüchtlinge gegeben.
Landtagsabgeordnete
(Linke)
bestätigte bei Twitter, dass mit den ersten Flüchtlingen am frühen Abend zu
rechnen sei. Unter
können
Helfer nachlesen, welche Dinge noch dringend für die Flüchtlinge benötigt
werden. Zum einen wären dies Toastbrot (keine geschmierten Brote), Obst,
Zigaretten sowie Schokolade, aber auch Kleidung, Decken, Hygieneartikel und
Babynahrung. Bis 20 Uhr kann man die Sachspenden im Thüringen Landtag
abgeben. Von dort aus werden sie dann zur Messe gebracht.
Weitere
Infos folgen in Kürze.
TLZ
Redaktion / 07.09.15 / TLZ
Z0R0010814674
7.09.2015
- 15:36 Uhr
EU-Plan: Deutschland soll 31.000 Flüchtlinge
aufnehmen
Brüssel (AFP) -
Angesichts der Flüchtlingskrise in Südeuropa soll Deutschland nach dem Willen
der EU-Kommission weitere 31.443 Menschen aufnehmen. Dies ist gut ein Viertel
der Gesamtzahl von 120.000 Flüchtlingen, die aus Ländern wie Griechenland
umverteilt werden sollen, wie aus EU-Kreisen verlautete. Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) forderte eine "Kraftanstrengung" der gesamten EU,
während aus Ungarn neue Züge mit Flüchtlingen nach München rollten.
EU-Kommissionschef Jean-Claude
Juncker will am Mittwoch offiziell seinen Plan für verbindliche Quoten zur
Flüchtlingsaufnahme in der EU vorstellen. Mit der geplanten Aufteilung von
weiteren 120.000 Flüchtlingen in den kommenden zwei Jahren will die
EU-Kommission vor allem Griechenland, Italien und Ungarn entlasten - die drei
Länder, über die die meisten Flüchtlinge erstmals in die EU kommen. Diese Zahl
kommt zu den 40.000 Flüchtlingen hinzu, deren Aufteilung bereits im Mai
angekündigt worden war.
Viele EU-Staaten insbesondere aus
dem Osten wehren sich gegen die Zuweisung von Kontingenten. Ungarns
Ministerpräsident Viktor Orban nannte solche Quoten erneut verfrüht, solange
die EU-Außengrenzen nicht kontrollierbar seien.
Die Kanzlerin drang indes auf ein
größeres Engagement der anderen EU-Staaten. "Wir brauchen eine
Kraftanstrengung der Europäischen Union", sagte Merkel. Sie kündigte an,
dass sie dazu "Einzelgespräche" führen wolle. Auch die geplante Rede
Junckers am Mittwoch werde gerade in den osteuropäischen Staaten eine
"gewisse Dynamik" entfachen, sagte die Kanzlerin.
In München wurden heute erneut mehr
als 10.000 Flüchtlinge aus Ungarn erwartet. Bereits am Wochenende waren etwa
20.000 Menschen aus Ungarn gekommen.
Frankreich soll nach den
Vorstellungen des EU-Kommissionspräsidenten 24.031 der 120.000 Flüchtlinge
aufnehmen, wie aus Brüsseler Diplomatenkreisen weiter verlautete. Staatschef
François Hollande erklärte sich dazu umgehend bereit. Frankreich will auch
Hunderte der über Ungarn nach Deutschland eingereisten Flüchtlinge aufnehmen.
Über die aktuell drängendsten
Probleme zur Aufnahme von Flüchtlingen hinaus will sich Berlin auch für ein
einheitliches Asylverfahren in der EU einsetzen. Darauf hätten sich CDU, CSU
und SPD verständigt, sagte Merkel. "Die ganze Asylpolitik, so wie sie im
Moment stattfindet in der EU, funktioniert so nicht." Die Vereinheitlichung
solle "eines der großen Projekte der Europäischen Union für die nächsten
Jahre sein", sagte die Kanzlerin. Merkel bekräftigte aber zugleich, dass
das Dublin-Verfahren weiter in Kraft sei. Es legt fest, dass ein Flüchtling
dort sein Asylverfahren durchlaufen muss, wo er erstmals den Boden der EU
betreten hat.
Die Spitzen der Koalition einigten
sich in Berlin darauf, den Ländern und Kommunen für die Flüchtlingshilfe im
kommenden Jahr drei Milliarden Euro zusätzlich bereitzustellen. Weitere drei
Milliarden Euro zusätzlich werden im Bundeshaushalt für die Versorgung und
Integration von Flüchtlingen aber auch zur Krisenbekämpfung weltweit
eingeplant. Asylbewerber sollen bei der Erstaufnahme "so weit wie
möglich" Sachleistungen statt Bargeld bekommen. Die Liste der sicheren
Herkunftsländer soll um Albanien, Kosovo und Montenegro erweitert werden.
© AFP
Auf der griechischen Insel Lesbos
stieg die Zahl der Flüchtlinge auf mehr als 15.000. Die örtlichen Behörden auf
der normalerweise etwa 85.000 Einwohner zählenden Insel könnten dies kaum noch
bewältigen, sagte Einwanderungsminister Giannis Mousalas. Der britische
Premierminister David Cameron kündigte die Aufnahme von 20.000 syrischen
Flüchtlingen in den kommenden fünf Jahren an. Die Flüchtlinge sollten aus Camps
in der Nähe der Grenze zu Syrien kommen, sagte Cameron.
Die libysche Küstenwache rettete
nach eigenen Angaben 121 Flüchtlinge, die auf einem fahruntüchtigen
Schlauchboot vor der Küste Libyens unterwegs waren. Zypern erklärte sich zur
Aufnahme von 300 Flüchtlingen bereit - wobei es sich vorzugsweise um orthodoxe
Christen handeln sollte, wie Innenminister Socrates Hasikos sagte.
http://www.otz.de/startseite/detail/-/specific/Reisefertige-Fluechtlinge-aus-Hermsdorf-muessen-wieder-umdrehen-1517288806
Reisefertige Flüchtlinge aus Hermsdorf müssen wieder umdrehen
Bürgermeister Gerd Pillau, DRK-Kreisvorstandschef Peter Schreiberund DRK-Referatsleiter Lutz Schulze (von links), der die Flüchtlingsunterkunft leitet. Foto: Lutz Prager
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