Brauchen Biogasanlagen einen Blitzschutz?Biogasanlagen gehören zu den explosionsgefährdeten Bereichen, für die bestimmte Schutzkonzepte vorgeschrieben sind. Da Blitze mögliche Zündquellen sind, müssen auch dafür entsprechende Pläne und Einrichtungen vorhanden sein
Sicherheit gesetzlich vorgeschrieben
Seit Ende 2002 ist die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) für den Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen bindend. Nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) zählen zu den überwachungsbedürftigen Anlagen auch Anlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen.
Da zum Beispiel in der Umgebung von Gasspeichern und Gärbehältern einer Biogasanlage mit einem explosionsfähigen Gas-Luft-Gemisch zu rechnen ist, sind Biogasanlagen als explosionsgefährdete Anlagen einzustufen. In den verschiedensten Normen und Regeln wird der Blitz als Zündquelle definiert. Dies ist auch in den Sicherheitsregeln für Biogasanlagen, herausgegeben von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, zu finden.
Hier wird auf die Gefahr hingewiesen, dass eine Explosion durch ein Gas-Luft-Gemisch bei einer Biogasanlage eintreten kann. Entsprechend der BetrSichV §12 sind überwachungsbedürftige Anlagen, so auch Biogasanlagen, nach dem Stand der Technik zu montieren, zu installieren und zu betreiben. Hierzu zählen auch Blitzschutzsysteme, die so zu errichten sind, dass sie der BetrSichV entsprechen.
Nach der BetrSichV ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine ganzheitliche Ermittlung und Bewertung der Gefährdungsfaktoren für explosionsgefährdete Betriebsstätten durchzuführen. Im §6 wird gefordert, dass der Arbeitgeber ein Explosionsschutzdokument zu erstellen hat, das er ständig auf dem aktuellen Stand halten muss.
Basis für die Planung und Beurteilung eines Blitzschutzsystems (englisch: Lightning Protection System (LPS)) an Biogasanlagen sind die aktuellen und gegebenenfalls behördlich genehmigten Ex-Zonenpläne der betreffenden Anlage in maßstäblicher Ausführung. Die Ex-Zonenpläne sind in Grund- und Aufriss mit den erforderlichen Schnittplänen beizustellen.
Das Blitzschutzsystem ist dann so zu errichten, dass möglichst keine Lichtbögen, Schmelz-, Sprüh- und Funkenwirkungen entstehen, die in Ex-Zone 0 oder 1 eindringen können (zum Beispiel Abschmelzungen von Blechabdeckungen oberhalb der Gasblase, Überschläge an Klemmverbindungen und Stellen unterschiedlichen Potenzials). In der Blitzschutznorm DIN EN 62305-3 wird im Hauptabschnitt 2, Punkt 4., für Gebäude und Anlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen beschrieben, dass ein Blitzschutzsystem entsprechend der Schutzklasse II, den normalen Anforderungen für explosionsgefährdete Bereiche entspricht.
In begründeten Einzelfällen oder bei besonderen Bedingungen, wie beispielsweise extremen Umwelteinflüssen, klimatischen Bedingungen oder gesetzlichen Vorgaben, kann davon abgewichen werden. Auch die Richtlinie der Sachversicherer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) VdS-Richtlinie 2010 fordert für industriell genutzte Biogasanlagen einen äußeren Blitzschutz der Blitzschutzklasse II, der alle drei Jahre zu überprüfen ist. Das Blitzschutzsystem besteht aus äußerem und innerem Blitzschutz und muss folgende Funktionen erfüllen:
- Auffangen eines Direkteinschlages in die bauliche Anlage (mit einer Fangeinrichtung)
- Sicheres Ableiten des Blitzstroms zur Erde (mit einer Ableitungs- einrichtung)
- Verteilen des Stroms in der Erde (mit einer Erdungsanlage)
- Verhindern gefährlicher Funkenbildung innerhalb der zu schützenden baulichen Anlage, die durch den Blitzstrom verursacht werden kann, der durch die Leiter des Äußeren Blitzschutzes oder in anderen leitenden Teilen der baulichen Anlage fließt.
Gesamtkonzept für erhöhte Sicherheit
Um hohe Potenzialdifferenzen zwischen den einzelnen Erdungsanlagen zu vermeiden, wurden diese in der Biogasanlage Midlum zu einer Gesamterdungsanlage verbunden. Die einzelnen Gebäude- und Systemerdungsanlagen wurden miteinander vermascht. Durch das Vermaschen aller Erdungsanlagen werden Potenzialdifferenzen zwischen den Anlagenteilen deutlich reduziert. Auch die Spannungsbeanspruchung der gebäudeüberschreitenden elektrischen Verbindungsleitungen im Fall einer Blitzeinwirkung wird damit verringert.
In der DIN EN 62305-4 wird zwischen äußeren und inneren Zonen, die gegen direkte Blitzeinschläge geschützt sind, unterschieden. An der Grenze jeder inneren Zone muss der Potenzialausgleich direkt oder indirekt durch geeignete Klemmen oder Schutzgeräte für alle eingeführten metallenen Teile und Versorgungsleitungen realisiert werden. Alle metallenen Versorgungsleitungen, die in die bauliche Anlage eintreten, werden an Potenzialausgleichsschienen an der Grenze von LPZ 1 angeschlossen. Zusätzlich werden alle metallen Versorgungsleitungen, die in die LPZ 2, wie ein Computer Raum, eintreten, an Potenzialausgleichsschienen an der Grenze von LPZ 2 angeschlossen. Das Blitz-Schutzzonen-Konzept fordert die Installation von Überspannungsschutzgeräten (englisch: Surge Protection Device (SPD)) nach DIN EN 61643-11 (VDE 0675 Teil 6-11), wann immer eine elektrische Leitung die Grenze zwischen zwei Zonen durchdringt. Die SPDs müssen energetisch koordiniert sein, damit die Gesamtbelastung auf die SPDs entsprechend ihrer Energietragfähigkeit aufgeteilt wird und um die ursprüngliche Blitzbedrohung auf Werte unterhalb der Festigkeit der zu schützenden Geräte zu reduzieren. Die Anforderungen an den Übergang zu einer Schutzzone richten sich nach den Störfestigkeiten der in der höheren Schutzzone eingebauten Geräte.
Nur so ist ein selbstständiges Abschalten von netzfrequenten Folgeströmen sicherzustellen und somit ein Fehlauslösen von Überstromschutzeinrichtungen, beispielsweise Sicherungen, zu verhindern. Bei diesem SPD Typ 1 vom Typ Dehnventil Modular kann durch die Modulentriegelungstaste eine einfache Schutzmodulentnahme ohne Hilfswerkzeug erfolgen. Neben der betriebsstromfreien Funktions- und Defektanzeige verfügt dieser SPD Typ 1 über eine 3-polige Anschlussklemme zur Fernsignalisierung. Durch die Ausführung des Fernmeldekontaktes als potenzialfreier Wechsler kann, je nach Schaltungskonzept, das Fernsignalisierungssignal als Öffner oder Schließer verwendet werden.
Quelle:DEHN
Quelle:DEHN
2.2.5.2.3 Explosionsschutzbestimmungen
Explosionsgefährdete Bereiche:
Bereiche, in denen gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann, müssen in entsprechende Zonen für explosionsgefährdete Bereiche eingeteilt werden. Die Betriebssicherheitsverord-nung gibt in Anhang 3 die Zoneneinteilungen 0, 1 und 2 für brennbare Gase, sowie ggf. auch die Zonen 20, 21 und 22 für brennbare Stäube vor.
Die Zone 0 ist der Bereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden ist.
Die Zone 1 ist der Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich eine gefährliche explosionsfä-hige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln bilden kann.
Die Zone 2 ist der Bereich, in dem bei Normalbetrieb eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln normalerweise nicht oder aber nur kurzzeitig auftritt.
Der Zustand „Normalbetrieb“ entsprechend Anhang 3 BetrSichV wird in der TRBS 2152, Abschnitt 2 Absatz 2 beschrieben. Die An- und Abfahrphase der Biogasanlage ist ein besonderer Betriebszustand, der auch besondere Schutzmaßnahmen erfordert. Es ist dafür eine besondere Betriebsanweisung zu erstellen.
Im Anhang 4 B der BetrSichV sind die Kriterien für die Auswahl von Geräten und Schutzsystemen entsprechend den Kategorien gemäß Richtlinie 94/9/EG (Atex - Anhang 1) beschrieben: in
- Zone 0 oder Zone 20: Geräte der Kategorie 1,
- Zone 1 oder Zone 21: Geräte der Kategorie 1 oder der Kategorie 2, und
- Zone 2 oder Zone 22: Geräte der Kategorie 1 oder der Kategorie 2 oder Kategorie 3.
Zu den gesetzlichen Bestimmungen sind auch allgemein anerkannte Regeln der Technik bei Biogasanlagen heranzuziehen. Zur Einteilung der Zonen in den verschiedenen Anlagenteilen wird auf die Sicherheitsregeln für Biogasanlagen – TI 4 (Beispiele zur Zoneneinteilung im Anhang 9) verwiesen. Die berufsgenossenschaftlichen Explosionsschutz-Regeln - BGR 104 (EX-RL) sind mit den Vorschrif-ten der Betriebssicherheitsverordnung verknüpft worden. In der BGR 104 (EX-RL) sind die folgenden technischen Regeln der Betriebssicherheitsverordnung enthalten, außerdem sind auch Hinweise zu organisatorischen Maßnahmen, zur Gefährdungsbeurteilung und zum Explosionsschutzdokument darin enthalten und die Beispielsammlung Abschnitt B.3.1.2., Anlage 4, wurde in eine neue blaue Fassung überarbeitet (alte = grüne Fassung). Technische Regeln für Betriebssicherheitsverordnung:
- TRBS 2152 - Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Allgemeines,
- TRBS 2152; Teil 1 - Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Beurteilung der Explosionsgefährdung,
- TRBS 2152 Teil 2 – Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmo-sphäre
- TRBS 2152 Teil 3 - Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre- TRBS 2152 Teil 4 - Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränken.
Innerhalb der Explosionsschutz-Zonen sind Maßnahmen zur Vermeidung von Zündquellen (Wärme-, Funken-, Strahlungs- oder chemische Zündung), entsprechend der TRBS 2152 Teil 3 – „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre – Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre“ durchzuführen, z. B. ist Funkenbildung zu vermeiden, Feuer und Rauchen verbieten. Das heißt es sollen in Bereichen mit explosionsgefährlichen Gas-Luft-Gemischen keine durch Reibung, Schleif- oder Schlagvorgänge mechanisch erzeugte Funken auftreten, keine Schweißarbeiten durchgeführt werden und auch keine elektrostatische Aufladung stattfinden. Außerdem sollten Fahrwege und Zu- oder Abluftöffnungen eines BHKW nicht innerhalb von Ex-Zonen sein.
Die BGR 104 (EX-RL) incl. Abschnitt B.3.1.2. – Anlage 4 - Beispielsammlung „blau“ zur Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen kann komplett in Papierform von Werbe-Druck-Winter bzw. auch als Software CD bei Wolters Kluwer Deutschland GmbH bezogen werden. Die o.g. technischen Regeln zur Betriebssicherheitsverordnung können bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin über das Internet http://www.baua.de/ bezogen werden. Weitere Informationen bietet auch das Explosionsschutzportal der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie - BG RCI, http://www.bgchemie.de.
Ex-Schutzzonen-Plan:
Eine anschauliche Gestaltung der Einteilung der explosionsgefährdeten Bereiche in Zonen ist die Darstellung in einem Ex-Schutzzonenplan.
Die Ex-Zonen sind dabei nicht nur an Gärbehältern (Reaktor, Fermenter, Faulbehälter) und sonstigen gasführenden Einrichtungen festzulegen, sondern auch bei gedeckten Endlagern, in denen sich ebenfalls Biogas ansammeln kann. Ex-Zonen sind also überall dort festzulegen, wo im Normalbetrieb mit dem Auftreten einer explosionsgefährdeten Atmosphäre gerechnet werden muss.
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