Dienstag, 5. August 2014

Giftige Wolke am Schwimmbad: Verletzte

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Frankenpost Hof

Arzberg 
Giftige Wolke am Schwimmbad: Verletzte

Auf einem städtischen Kleinlaster platzt ein Kanister mit Chlordioxid und löst einen Großeinsatz von Feuerwehr, BRK und Polizei aus. Ein städtischer Mitarbeiter und zwei Passanten kommen vorsorglich ins Krankenhaus. Explosions- oder Brand- gefahr bestand laut Einsatzleiter Armin Welzel nicht.

Von Christl Schemm
  • In Chemieschutzanzügen beseitigten vier Arzberger Feuerwehrleute den Behälter mit dem Chlordioxid. Fotos: Christl Schemm
  • Dem Kleinlaster der Stadt Arzberg mit Chlordioxid-Kanister durfte sich niemand mehr nähern.
















Arzberg - Ein geplatzter Kanister mit Chlordioxid ist der Grund für einen Großeinsatz von Feuerwehr, Rettungskräften des Roten Kreuzes und Polizei am Samstagvormittag am und im Arzberger Schwimmbad gewesen. Der 20-Liter-Behälter mit der giftigen Substanz befand sich auf einem Kleinlaster, mit dem ein städtischer Mitarbeiter auf dem Weg zum Freibad war, um dort ein Chlormessgerät abzuholen. Laut Polizei platzte der Kanister aus ungeklärter Ursache, als der 45-Jährige mit dem Betriebsfahrzeug eine Bodenschwelle auf der Benedikt-Beutner-Straße überfuhr.
Da das Chlordioxid sofort mit der Luft reagierte, entwickelte sich eine giftige Rauchwolke. Diese verursachte dem Bericht der Polizei zufolge bei dem städtischen Mitarbeiter sowie bei zwei Passanten Atemnot. Das BRK brachte die Patienten vorsorglich in das Selber Krankenhaus. Weitere Badegäste oder Anwohner seien nicht gefährdet gewesen, wie Einsatzleiter Armin Welzel auf Nachfrage der Frankenpost mitteilt. Die Polizei betont, dass alle Transportvorschriften eingehalten worden seien. Dem Fahrer, der sofort angehalten und einen Notruf abgesetzt habe, sei kein Vorwurf zu machen. Die Stadt Arzberg benützt das Chlorioxid - stark verdünnt - dazu, die Trinkwasserleitungen zu desinfizieren. Ein Teil des Arzberger Trinkwassers ist derzeit mit Keimen belastet.
"Ich hab' gedacht, das Auto brennt", sagt Bademeister Stefan Wolf, der am Samstag im Freibad Dienst hatte. Nachdem er von dem Mitarbeiter der Stadtwerke erfahren hat, was passiert war, ist Wolf der Erste, der dafür sorgt, dass niemand mehr die Benedikt-Beutner-Straße Richtung Schwimmbad passiert und sich dem Kleinlaster nähert. "Ich war ganz ruhig", sagt der Bademeister. "Und dann war ja auch ganz schnell die Feuerwehr da."
Ein bisschen mulmig ist einigen Badegästen schon. Die meisten ziehen aber ruhig weiter ihre Bahnen, während immer mehr Fahrzeuge der Feuerwehren aus Arzberg, Marktredwitz und Brand/Haingrün, des Roten Kreuzes und der Polizei eintreffen. Auch ein Notarzt ist dabei. Die Fachleute des Gefahrgutzugs sorgen dafür, dass die Straße und der hintere Teil des Schwimmbadgeländes abgesperrt werden. Familien, die es sich am Kleinkinderschwimmbecken für einen gemütlichen Tag im Freibad bequem gemacht hatten, werden vorsorglich gebeten, sich ein anderes schönes Plätzchen zu suchen. Die Anwohner sollen Fenster und Türen schließen.
Derweil laufen im Hintergrund die Arbeiten an, um die Gefahr zu beseitigen. Kreisbrandinspektor Armin Welzel leitet den Einsatz mit rund 50 Rettungskräften. "Wir haben gezielt die Mittel eingesetzt, die nötig waren", sagt er. Aufgrund der Kennziffern auf dem Chlordioxid-Behälter klären die Feuerwehrleute mithilfe des Transport- und Informationssystems der Chemischen Industrie sowie in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern der Integrierten Rettungsleitstelle Hof telefonisch ab, wie gefährlich der Stoff ist. Verätzungen der Schleimhäute, Erblinden, Lungenödem nennt der Kreisbrandinspektor unter anderem als Folgen, wenn jemand zu lange Kontakt mit dem Chlordioxid-Gas hatte.
Vier Arzberger Feuerwehrleute in Chemieschutzanzügen machen sich an die Arbeit. Sie verdünnen mit sehr viel Wasser das Chlordioxin so stark, dass es nicht mehr gefährlich ist und in die Kanalisation ablaufen kann. Der Kanister wird gereinigt, verpackt und später auf die Kläranlage gebracht. Von hier aus wird der Behälter entsorgt. Die Feuerwehrleute bauen einen Dekontaminationsplatz auf und sorgen auch dafür, dass nötigenfalls der Brandschutz gewährleistet ist. In der Egerstraße halten sich weitere Einsatzkräfte bereit. "Es bestand aber keine Explosions- und Brandgefahr", sagt Armin Welzel. Notarzt und weitere Fachleute des Roten Kreuzes untersuchen inzwischen zum Beispiel Bademeister Stefan Wolf, befragen Badegäste nach eventuellen Beschwerden. Der Einsatzleiter ist froh: "Es ist glücklicherweise nichts Tragisches passiert."
Nach gut einer Stunde ist die Gefahr vorbei. In das Freibad kehrt wieder Ruhe ein. "Jeden Tag fragt mich mein Mann, ob es etwas Neues gibt, wenn ich nach dem Schwimmen nach Hause komme. Heute hab' ich endlich mal was zu erzählen", sagt eine fleißige Schwimmerin. Kaum sind die Rettungskräfte weg, kommen auch die geflügelten Schwimmbad-Besucher wieder, die neuerdings ebenfalls Stammgäste sind. In aller Ruhe segeln die drei Arzberger Storchenkinder über die Anlage und beziehen ihren Aussichtsplatz auf der großen Schwimmbad-Uhr.
Ich war ganz ruhig. Und dann war ja auch ganz schnell die Feuerwehr da.
Bademeister Stefan Wolf
 
Chlordioxid - bei Raumtemperatur ist es recht gefährlich
Chlordioxid ist eine chemische Verbindung aus Chlor und Sauerstoff mit der Summenformel ClO2. Unter der Nummer E926 war es in Deutschland bis 1957 als Lebensmittelzusatzstoff zum Bleichen von Mehl zugelassen. Bei Raumtemperatur ist Chlordioxid ein bernsteinfarbenes giftiges Gas mit stechendem, chlorähnlichen Geruch. Gemische von Chlordioxid mit Luft können ab einem Anteil von über zehn Volumenprozent explodieren. Es wird daher meist in wässrigen Lösungen verwendet, die nicht explosiv sind. Die Anwendungen von Chlordioxid beruhen auf seiner oxidativen Wirkung. Es wird oft anstelle von Chlor verwendet, da es weniger giftige oder gesundheitsschädliche chlorierte Kohlenwasserstoffe bei der Reaktion mit organischen Substanzen bildet. Als Bleichmittel zum Beispiel von Papier hat es Chlor fast vollständig ersetzt. Außerdem wird es in der Trinkwasseraufbereitung zur Desinfektion statt Chlor eingesetzt.
Der Nachweis von Chlordioxid in der Erdatmosphäre der Antarktis im Jahr 1986 trug zur Entdeckung der Ursachen des Ozonlochs bei. Es ist eines der Chloroxide, die sich dort in der Stratosphäre aus den früher häufig als Treibgas oder Kältemittel verwendeten Flurchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) bilden und an der Zerstörung der Ozonschicht beteiligt sind.
Quelle: Wikipedia
 

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